Grundsätzlich kann jeder Mensch ab Vollendung des 16. Lebensjahrs wirksam ein Testament errichten. Diese Fähigkeit fehlt aber ausnahmsweise dann, wenn eine Person krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, sich ein klares Urteil u.a. darüber zu bilden, welche Tragweite und Auswirkungen ihre testamentarischen Anordnungen haben, oder wenn sie nicht frei von Einflüssen Dritter nach diesem Urteil handeln kann.
Darüber hinaus kann ein Testament nichtig sein, wenn es sittenwidrig ist.
# Der Fall des OLG Celle
Nachdem ein 85-jähriger Mann einen schweren Schlaganfall erlitten hatte und seine Angelegenheiten in Folge dessen nicht mehr alleine regeln konnte, richtete das AG Hannover eine rechtliche Betreuung ein mit den Aufgabenbereichen Gesundheits- und Vermögensangelegenheiten. Als Betreuerin wurde eine Rechtsanwältin durch das Gericht eingesetzt. Bereits wenige Monate später setzte der Betreute, der nicht verheiratet war und auch keine Kinder hatte, die Betreuerin sowie eine weitere Person, die ihm von der Betreuerin für verschiedene Dienstleistungen wie Einkäufe und Spaziergänge vermittelt worden war, zu seinen Erben sein. Dieses Testament wurde im Beisein der Betreuerin von einer Notarin aufgenommen. Der Wert des Vermögens des Mannes belief sich auf etwa 350.000 Euro.
Als der Betreute verstarb teilten die vermeintlichen Testaments-Erben das Vermögen des Erblassers unter sich auf. Anfang 2014 bestellte das Amtsgericht einen Nachlasspfleger, der den Nachlass zugunsten der unbekannten Erben des Mannes sichern sollte. Dieser verlangte von der Betreuerin und der weiteren Person die Herausgabe der von diesen vereinnahmten Vermögenswerte. Dem gegenüber klagten die beiden eingesetzten Erben nunmehr auf Feststellung ihres durch den Verstorbenen testamentarisch angeordneten Erbrechts.
# Das Urteil des OLG Celle vom 07.01.2021
Zunächst kommt das Gericht aufgrund der ausgewerteten medizinischen Unterlagen zu dem eindeutigen Ergebnis, dass der Verstorbene im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht mehr testierfähig war und das Testament bereits aus diesem Grunde nichtig ist.
Des Weiteren führt das Gericht aus, dass das Testament aus seiner Sicht auch sittenwidrig war. Das Gericht folgerte die Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung daraus, dass die Betreuerin die von Einsamkeit und Hilflosigkeit geprägte Situation des alten Mannes zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt habe.
Im Ergebnis war somit die gesetzliche Erbfolge eingetreten.