Erbfolge ohne Testament oder Erbvertrag
Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist, erben die Nachkommen und Ehepartner so wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat. Es gilt die gesetzliche Erbfolge.
Gesetzliche Erbfolge: Das Ordnungssystem
Die Familie ist vom Gesetzgeber in verschiedene Ordnungen aufgeteilt
- 1. Ordnung: Das sind alle Personen, die vom Verstorbenen abstammen, also Kinder, Enkel, Urenkel und so weiter
- 2. Ordnung: Das sind die Eltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Eltern abstammen, also Geschwister, Nichten und Neffen des Verstorbenen
- 3. Ordnung: Die Großeltern des Verstorbenen und alle Personen, die von den Großeltern abstammen, also Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Verstorbenen
Es gibt keine Begrenzung der Erbordnungen
Ein Verwandter kann nicht gesetzlicher Erbe werden, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist!
Gibt es auch nur ein einziges Kind (1. Ordnung) des Erblassers, können seine Geschwister (2. Ordnung) nicht gesetzliche Erben werden.
Das Ordnungssystem: Wer erbt in der gesetzlichen Erbfolge?
Kinder, Enkel und Urenkel (gesetzliche Erben 1. Ordnung) erben folgendermaßen: Der Nachlass geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Ist eines der Kinder bereits vor dem Erblasser verstorben, geht dessen Erbteil zu gleichen Teilen auf dessen Kinder (Enkel des Erblassers) über.
Für die zweite Ordnung, die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, gilt: Leben beide Elternteile noch, erben sie allein zu gleichen Teilen. Lebt nur noch ein Elternteil, erbt der lebende Elternteil die Hälfte, die andere Hälfte des verstorbenen Elternteils geht zu gleichen Teilen an dessen Kinder, also die Geschwister des Erblassers. Sind beide Elternteile vorverstorben, geht der gesamte Nachlass zu gleichen Teilen an die Geschwister des Erblassers. Sollten auch Bruder oder Schwester nicht mehr leben, geht deren Anteil auf ihre Kinder über, also auf die Nichten und Neffen des Erblassers.
Für die dritte Ordnung gelten die Regeln der zweiten Ordnung entsprechend: Leben alle vier Großelternteile, erben sie allein zu gleichen Teilen. An die Stelle vorverstorbener Großelternteile treten deren Nachkommen, also Onkel, Tante, Cousins und Cousinen des Erblassers – jeweils wieder zu gleichen Teilen. Die Ordnungen setzen sich so nach Generationen fort, so dass nun in der 4. Ordnung die Urgroßeltern dran sind. Leben Urgroßeltern noch, erben sie alleine. Leben Urgroßeltern nicht mehr, so erben von ihren Abkömmlingen derjenige, der mit dem Erblasser am nächsten verwandt ist.
Dieses Prinzip wird in den Folgeordnungen beibehalten.
Kann ein Erbe in einer gesetzten Frist nicht ermittelt werden, so fällt das Erbe an den Fiskus.
Erbschein
Der Erbschein dokumentiert, wer Erbe ist und in welchem Verhältnis geerbt wird (Erbquote). Der Erbschein muss beim Amtsgericht des Wohnortes des Verstorbenen beantragt werden. Nach Einreichung der Unterlagen stellt das Nachlassgericht den Erbschein aus. Nimmt der Antragsteller die Erbschaft an, erbt auch eventuelle Schulden. Liegt ein gültiges Testament vor, benötigt man keinen Erbschein.
Was muss ich bei der Beantragung des Erbscheins vorlegen?
- Personalausweis oder Reisepass
- Sterbeurkunde des Verstorbenen
- Testament oder Erbvertrag im Original, wenn vorhanden
- Geburts- und Sterbeurkunden aller Erben und verstorbenen Erben
- Anschriften aller Erben
Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner erben bevorzugt
Das Verwandtschaftsverhältnis bestimmt, wieviel jeder von dem Anteil bekommt, der nicht vom Ehepartner (eingetragenen Lebenspartner) geerbt wurde. Wie viel der Ehepartner erbt, ist abhängig davon, welche Verwandten noch leben und in welchem Güterstand (mit Ehevertrag oder Zugewinngemeinschaft) die Eheleute verheiratet waren.
Der überlebende Ehepartner aus einer Ehe als Zugewinngemeinschaft erbt neben den Kindern ein Viertel. Als pauschalierten Zugewinnausgleich erhält er ein weiteres Viertel – er erbt dann insgesamt die Hälfte.
Ist die Ehe kinderlos geblieben, gibt es drei Viertel des Erbes, der Rest geht an die Erben zweiter Ordnung. Wenn es nur noch Verwandte der dritten Ordnung gibt, die nicht die Großeltern sind, erbt der Ehepartner allein. Das gilt auch bei noch lebenden Verwandten in noch weiter entfernter Ordnung.
Fragen zur gesetzlichen Erbfolge
Was erbt der Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft ohne Testament oder Erbvertrag?
Was erbt der Ehepartner in einer Ehe mit vereinbarter Gütertrennung?
Was erbt der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner nach der Scheidung?
Bei einem Einzeltestament sind die Verfügungen zugunsten des anderen Ehegatten unwirksam. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist das Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam.
In beiden Fällen ist jedoch vorab zu prüfen, ob nicht der Erblasser den Testamentsinhalt für den Fall der Scheidung aufrechterhalten wollte
Bekommt der überlebende und geschiedene Ehegatte weiter Unterhalt?
Was ist das Ordnungssystem?
Wann gilt das Ordnungssystem?
Was ist ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) und wann benötige ich es?
Was kostet ein Erbschein?
Beispiele:
- Beträgt der Wert des Nachlasses 10.000 Euro, so würde eine Gebühr für die Erteilung des Erbscheins von 75 Euro anfallen sowie eine weitere Gebühr für die eidesstattliche Versicherung, insgesamt also rund 150 Euro.
- Wer 110.000 Euro erbt, zahlt für einen Erbschein insgesamt 546 Euro.
Wer erbt Sachgüter wie Auto, Möbel?
Kunst, Antiquitäten und Luxusgegenstände fallen normaler Weise in den allgemeinen Nachlass.