Die gesetzliche Erbfolge führt häufig zu Streit und langwierigen Auseinandersetzungen. Deswegen ist es zweckmäßig die Erbfolge klar zu regeln. Man kann seinen letzten Willen entweder in einem Testament verfassen oder einen Erbvertrag schließen. Laut einer aktuellen EMNID-Umfrage von 2018 haben nur rund 30 Prozent der Deutschen ein Testament. Davon sind viele Testamente unklar gefasst, streitanfällig oder sogar unwirksam. So dass der ursprünglich gedachte letzte Wille gar nicht berücksichtigt werden kann und schlimmstenfalls die gesetzliche Erbfolge realisiert wird. Deshalb sollte rechtzeitig fachlicher Rat eingeholt werden.
Das Testament rechtzeitig schreiben oder Erbverträge aufsetzen und warum es nie zu früh dafür ist
Beim Tod eines Menschen, der kein wirksames Testament oder keinen Erbvertrag hinterlassen hat, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese kann seinen Wünschen widersprechen oder er befürchtet Streit unter den Angehörigen. Mit einer letztwilligen Verfügung oder auch „Verfügungen von Todes wegen“ kann der Erblasser regeln, was in der Zeit nach seinem Tod geschehen soll. Damit kann er die gesetzliche Erbfolge ganz oder teilweise ändern. Nach dem Tod treten deshalb die Regelungen aus der letztwilligen Verfügung in Kraft und nicht die des Gesetzgebers.
Die wichtigste letztwillige Verfügung ist das Testament. Der Erbvertrag und das gemeinschaftliche Testament mit seiner Sonderform des Berliner Testamentes sind ebenfalls letztwillige Verfügungen.
Die Vorteile eines Testamentes
- Ein Testament regelt zu Lebzeiten ….
- Klarheit für die Erben: Unnötigen Streit in der Familie vermeiden
- Widerruf jederzeit möglich ….
- Das Erbschaftssteuerrecht im Auge behalten …
Das maßgeschneiderte Testament: Vererben mit Weitsicht
Damit ein Testament wirksam ist, muss es die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Formen einhalten. Der Erblasser kann nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in zwei Formen testieren: in Form des öffentlichen notariellen Testaments oder des privaten handschriftlichen Testaments.
Die Testierfähigkeit ist Grundvoraussetzung zur Errichtung eines Testaments. Sie besagt, dass ein Erblasser zur Errichtung eines Testaments fähig ist. Ein rechtswirksames Testament kann von allen volljährigen Personen errichtet werden – Minderjährige ab 16 Jahren sind beschränkt testierfähig, d.h. sie können kein privatschriftliches Testament errichten. Keine Testierfähigkeit liegt im Übrigen vor, wenn eine Person nicht eigenständig die Bedeutung eines Testaments überblicken kann – etwa in Fällen von geistigen Störungen oder Demenz (§ 2229 BGB).
Wie verfasse ich ein gültiges Testament handschriftlich?
- Es muss vollständig und nachweisbar vom Erblasser per Hand geschrieben und unterschrieben sein. Ein wörtlich identischer Ausdruck des Handgeschriebenen kann als Lesehilfe des Handschriftlichen beigelegt werden.
Die Unterschrift muss am Ende des Dokumentes sein, sie zeigt, dass das Testament an dieser Stelle endet. Die Unterzeichnung mit Vor- und Nachnamen wird empfohlen, ist aber nicht zwingend (2247 BGB). - Es reicht nicht aus, wenn ein maschinengeschriebenes Dokument handschriftlich unterschrieben wurde
- Der Testierer muss volljährig sein
- Zeit und Ort müssen angegeben sein, beides darf maschinengeschrieben sein
- Es kann als „Testament“ betitelt sein oder auch in Briefform geschrieben sein
- Es kann in jeder Sprache verfasst sein, die ein Dritter versteht
Das öffentlich notarielle Testament
Liegt ein Testament maschinenschriftlich als Ausdruck vor, ist es nur gültig, wenn es einem Notar offen oder verschlossen übergeben wird. Der Notar muss nicht über den Inhalt des Testaments informiert sein. Die mündliche Erklärung des Testierers, dass dieses sein letzter Wille sei, reicht aus. Dies kommt in der Praxis allerdings selten vor. Wenn ein Notar zur Abfassung eines Testaments aufgesucht wird, ist er verpflichtet, den Erblasser ausführlich so zu beraten, dass sein letzter Wille ohne Missverständnisse juristisch einwandfrei formuliert wird. Auch sollte er in der Urkunde die Geschäftsfähigkeit des Erblassers vermerken. Dieses öffentliche Testament ist kostenpflichtig. Berechnet wird nach dem Vermögen des Erblassers. Wenn das Testament beim Notar liegt, kann es nicht verloren gehen und auch nicht nachträglich gefälscht werden. Ferner macht das öffentliche notarielle Testament einen oft teureren Erbschein überflüssig, ein weiterer Vorteil im Vergleich zum handschriftlichen Testament.
Das gemeinschaftliche Testament
Normaler Weise kann nur ein Erblasser sein Testament aufschreiben. Ehegatten und Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft können ein gemeinschaftliches Testament errichten (§§ 2265 ff. BGB). Dies gilt nicht für Verlobte oder nichteheliche Lebenspartnerschaften. In dieser Testamentsform erlaubt der Gesetzgeber, dass ein Ehegatte das Dokument eigenhändig schreibt und beide unterschreiben.
Berliner Testament
Das Berliner Testament ist eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testamentes. Etwa zwei Drittel der Eheleute oder eingetragenen Lebenspartner, die ein Testament errichten, entscheiden sich dafür.
Nur Ehepaare und eingetragene Lebenspartner können in dem Berliner Testament ihren Nachlass gemeinsam regeln. Sie setzen sich gegenseitig als Alleinerben und nach dem Tod des länger Lebenden meist die Kinder als Schlusserben ein. Schlusserben können aber auch andere Personen eine Stiftung oder ein Verein sein. Das Berliner Testament muss entweder notariell beurkundet werden oder aber einer der beiden Ehegatten setzt es eigenhändig handschriftlich auf und beide Ehegatten unterschreiben es eigenhändig.
Das Berliner Testament birgt allerdings seine Tücken. Der juristische Laie geht häufig von falschen Voraussetzungen aus, weshalb diese Gestaltungsform in vielen Fällen gar nicht den Bedürfnissen der Beteiligten entspricht. Ein klassische Stolpersteine sind z.B. die einseitige Widerrufbarkeit solange beide Ehegatten noch leben. Darüber hinaus bleiben beim Tod des ersten Ehegatten die steuerlichen Freibeträge der Kinder ungenutzt (Erbschaftssteuer).
Was gilt nach der Scheidung?
Nach rechtskräftiger Scheidung entfallen das gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht des Ehepartners. Hatte der Erblasser bereits einen zulässigen Scheidungsantrag gestellt oder dem Antrag des anderen wirksam zugestimmt, und liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung auch vor (Zerrüttung der Ehe), dann entfällt bereits vor der Scheidung das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht.
Hatte der Erblasser ein Einzeltestament errichtet, dann sind im beschriebenen Fall nur die Verfügungen zugunsten des anderen Ehepartners unwirksam, andere Verfügungen, z.B. zu Gunsten der Kinder, bleiben wirksam. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist das Testament seinem ganzen Inhalt nach unwirksam.
In beiden Fällen muss der Fachanwalt für Erbrecht genau prüfen, ob der Erblasser den Testamentsinhalt für den Fall der Scheidung doch aufrechterhalten wollte.
Fragen zum Berliner Testament
Wann ist ein Berliner Testament sinnvoll?
Wann erben die Kinder im Berliner Testament?
Kann ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner seine eigene Verfügung im gemeinschaftlichen Testament einseitig gegen den Willen des anderen widerrufen solange beide noch leben?
Wenn beide Parteien noch leben, kann einseitig widerrufen werden. Das funktioniert sogar bei wechselbezüglichen Verfügungen. Das sind Verfügungen, die der eine Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner nur deshalb trifft, weil der andere sie auch verfügt hat. Bei solchen wechselbezüglichen Verfügungen muss der Widerruf allerdings durch eine notariell beurkundete Erklärung dem anderen Ehegatten zugestellt werden. Daraus folgt, dass dann auch die wechselbezügliche Verfügung des anderen Ehegatten automatisch unwirksam wird.
Wer einen Bindungsgrad ohne Widerrufsmöglichkeit erreichen möchte, für den ist das „Berliner Testament“ ungeeignet.
Dann wäre über einen Erbvertrag nachzudenken. Hierbei handelt es sich dann um einen Vertrag, der der notariellen Beurkundung bedarf.
Ist der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner an die (Schluss-) Erbeinsetzung der Kinder gebunden?
Bei wechselseitigen Verfügungen entfällt mit dem Tod des ersten Ehegatten die Möglichkeit zum Widerruf. Das heißt, der überlebende Ehegatte ist jetzt an die wechselbezüglich angeordnete Schlusserbeneinsetzung gebunden.
Wer hier Flexibilität haben möchte, muss dies im Berliner Testament ausdrücklich erwähnen. Z.B., wenn die Entwicklung der als Schlusserben eingesetzten Kinder noch nicht absehbar ist.
Kann nach dem Tod des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner der überlebende Ehegatte das Testament rückwirkend anfechten?
Ja, wenn ein Pflichtteilsberechtigter da ist, der zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nicht vorhanden war. Dieses Anfechtungsrecht entsteht dann, wenn sich der überlebende Ehegatte nach Errichtung des Testaments noch einmal fortpflanzt oder nach dem Tod des Ehegatten wieder heiratet.
Will man die Anfechtung verhindern, muss das Anfechtungsrecht im Testament ausgeschlossen werden.
Was passiert, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt?
Schlägt der überlebende Ehegatte das ihm Zugewendete aus, entfällt eine etwaige Bindungswirkung, und er kann für sich allein wieder völlig frei testieren.
Was ist beim Tod des ersten Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner mit den Ansprüchen der Kinder?
In diesem Falle haben die Kinder gegenüber dem alleinerbenden Elternteil einen Pflichtteilsanspruch, den sie sofort in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils geltend machen können. Befindet sich in einem Nachlass in der Hauptsache nur eine werthaltige Immobilie und kein Bargeld, so kann der überlebende Ehegatte gezwungen sein, die Immobilie eiligst zu veräußern, um die Pflichtteilsansprüche der Kinder bedienen zu können. Die Schlusserbeneinsetzung der Kinder verhindert die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nicht. Dies kann man rechtssicher nur verhindern, wenn man mit den Kindern zu Lebzeiten Pflichtteilsverzichtsverträge abschließt, die notariell beurkundet werden müssen.
Werden beim Berliner Testament die steuerlichen Freibeträge in der Familie effektiv genutzt?
Nein. Reicht der persönliche Freibetrag des überlebenden Ehegatten (500.000 Euro, Stand 2020) nicht aus, muss der darüber hinaus gehende Teil des Erbes versteuert werden. Die Freibeträge der erbenden Kinder gegenüber einem Elternteil (je 400.000 Euro für 10 Jahre, Stand 2020) gehen verloren. Nach dem Tod des letzten Elternteils erben die Kinder meist größere Vermögen, das dann höher besteuert wird.
Darüber hinaus wird das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten zweimal versteuert, bis es zu den Kindern gelangt.
Tipp:
Vorzeitige Schenkung spart Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Erbvertrag
Der Erbvertrag ist eine zweite Möglichkeit, über das eigene oder gemeinschaftliche Vermögen nach dem Tod zu verfügen und von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Unverheiratete Paare dürfen z.B. kein gemeinschaftliches Testament aufsetzen. Wollen sie sich gegenseitig als Erben binden und Verwandte als Schlusserben einsetzen, müssen sie einen notariellen Erbvertrag schließen. Auch in der Regelung der Unternehmensnachfolge ist der Erbvertrag eine gute Option.
Der Erbvertrag ist bindend
Im Unterschied zum Testament dürfen die Vertragspartner den Erbvertrag nicht einseitig widerrufen oder ändern.
Soll z.B. die Tochter das elterliche Unternehmen eines Tages erben, die Eltern ändern aber ihre Meinung, müssen sie dennoch den geschlossenen Erbvertrag erfüllen. Es kommt hier auf die erbrechtliche Expertise des Fachanwaltes und Notares an, dass die Bindung im Erbvertrag nicht zur Handschelle wird, z.B. indem man dazu Klauseln einarbeitet.
Der Erbvertrag kann mehr Sicherheit auf dem Weg zur Erbschaft bieten, denn die Erben können nicht einfach enterbt werde, wie bei einem Testament. Aber man muss hier im Voraus die Stolpersteine erkennen: Eine Unternehmensnachfolge kann z.B. platzen, weil die Firma insolvent wird oder aufgekauft wird. Oder die Nichte pflegt den kranken Onkel und erbt dafür später das Haus. Doch der Erblasser kann weiterhin über sein Vermögen verfügen und sein Haus verkaufen. Ein Erbvertrag ist also immer nur, ebenso wie ein Testament, ein Versprechen in die Zukunft. „Auf Nummer sicher geht man in diesen Fällen mit einer Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten“, so Holger Siebert.
Erbvertrag und Testament: Die wichtigsten Unterschiede
- Das Einzeltestament kann jederzeit widerrufen werden – Widerrufe und Änderungen sind jederzeit möglich
- Ein Testament kann man allein verfassen – ein Erbvertrag hat immer zwei Parteien und bedarf eines Notares.
- Der Erbvertrag bindet die Parteien. Existiert ein Erbvertrag, ist auch ein später verfasstes abweichendes Testament unwirksam sofern das vertraglich Vereinbarte verändert wurde. Hat der Ehemann z.B. seine Ehefrau mit vertraglicher Wirkung als Alleinerbin eingesetzt, überlegt er es sich aber kurze Zeit später anders und setzt in einem Testament seinen Bruder als Erben ein, dann bleibt die Ehefrau Alleinerbin.
Fragen zu Erbvertrag
Was kostet ein Erbvertrag?
Da der Erbvertrag notariell beurkundet werden muss, entstehen Notarkosten.
Bei einem Nachlasswert von 200.000 Euro entstehen für den Abschluss eines Erbvertrages Notarkosten in Höhe von 870 Euro (2 x 435 Euro). Bei einem Wert von 500.000 Euro erhöhen sich die Kosten auf 1.870 Euro (2 x 935 Euro). Hinzu kommt jeweils die gesetzliche Mehrwertsteuer.
Kann ein Erbvertrag aufgehoben werden?
Sofern kein Rücktrittsrecht vereinbart wurde, können erbvertragliche Regelungen nur durch einen gemeinsamen Aufhebungsvertrag oder Änderungsvertrag beseitigt oder geändert werden, sofern kein Rücktrittsrecht vereinbart wurde.
Ist ein Erbvertrag nach der Scheidung automatisch ungültig?
Hier gilt das gleiche wie beim gemeinschaftlichen Testament.
Wann benötige ich einen Erbvertrag?
Der Erbvertrag ist zweckmäßig, wenn ich bereits zu Lebzeiten aller Beteiligten eine vertragliche Bindung erreichen will, die nicht einseitig beseitigt oder abgeändert werden kann.