Pflichtteil
Jeder kann seinen Nachlass vererben an wen er will. Wenn aber Familienangehörige gänzlich enterbt werden sollen, lässt dies der Gesetzgeber nicht zu. Ein enger Kreis an Familienangehörigen kann nicht vollständig vom Erbe ausgeschlossen werden. Diese „Pflichtteilsberechtigte“ erhalten einen Pflichtteil. Dieser Teil des Vermögens heißt so, weil der Erblasser verpflichtet ist, einen Teil des Erbes an diesen Personenkreis zu überlassen.
Ist der Erbe in einem Testament mit weniger als der Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Erbteils bedacht, hat er Anspruch auf die fehlende Differenz: Das ist sein Pflichtteilsrestanspruch.
Anspruch auf den Pflichtteil
Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil eines Erbes? Pflichtteilsberechtigt sind Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner und die Kinder. Wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, können neben dem Ehegatten auch die Eltern den Pflichtteil verlangen. Entferntere Verwandte, das sind schon Bruder oder Schwester, sind nicht pflichtteilsberechtigt.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Anspruch auf Geldzahlung. Wenn er geltend gemacht wird, ist er sofort fällig. Dabei spielt es keine Rolle, ob dafür genügend Bares im Nachlass vorhanden ist. Reichen die Barmittel nicht aus, um den Pflichtteil auszuzahlen, müssen die Erben Sachwerte (z.B. Immobilien) aus dem Nachlass verkaufen. Der Pflichtteilsanspruch verjährt nach drei Jahren.
Die Erben sind verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten in einem Nachlassverzeichnis Auskunft über Umfang des Nachlasses zu geben. Der Pflichtteilsberechtigte hat ferner einen Anspruch darauf, dass durch Gutachten die Sachwerte ermittelt werden, damit er seinen Pflichtteilsanspruch gegen die Erben beziffern kann.
Pflichtteil des Erbes: Die Höhe
Der Pflichtteilsanspruch beläuft sich auf die Hälfte der gesetzlichen Erbquote multipliziert mit dem Wert des Nachlasses.
Beispiel
Der Ehegatte hat seine Ehefrau (Ehe als Zugewinngemeinschaft) durch sein Testament als Alleinerbin eingesetzt. Er hinterlässt nach seinem Tod zwei Kinder. Der Nachlasswert beträgt 800 000 Euro. Die beiden Kinder sind nicht bedacht. Daher haben beide Kinder einen Pflichtteilsanspruch. Bei gesetzlicher Erbfolge würde jedes Kind ein Viertel erben. Der Pflichtteilssanspruch beträgt pro Kind ein Achtel, also 100 000 Euro.
Wann verjährt ein Pflichtteilsanspruch?
Es gibt eine Verjährungsfrist von drei Jahren.
Beispiel
Der Sohn erfährt 2015, sieben Jahre nach dem Versterben seines Vaters, von dessen Tod und seiner Enterbung. Damit ist der 31. Dezember 2015 der Fristbeginn für die Verjährung. Der Pflichtanteilsanspruch verjährt am 01. Januar 2019.
Bei Fristbeginn müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Kenntnis über den Todesfall des Erblassers
- Kenntnis über die Enterbung oder den zu geringem Erbteil.
Hat man von dem Todesfall oder der Enterbung nichts erfahren, verjährt der Anspruch nach 30 Jahren (ab dem Erbfall).
Pflichtteilsergänzung
Das Vermögen, das der Erblasser innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall verschenkt hat, muss bei der Berechnung des Pflichtteils dem Nachlass hinzugerechnet werden. Der Pflichtteilsberechtigte bekommt so seinen Pflichtteil auch aus dem Verschenkten. Das nennt man Pflichtteilsergänzung. Geschenke zwischen Ehegatten sind zeitlich unbegrenzt einzurechnen, wenn die Ehe nicht aufgelöst wurde.
Vorsicht:
Besteht die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls, müssen alle Schenkungen an den Ehegatten komplett berücksichtigt werden.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch hängt davon ab, wann die Schenkung gemacht wurde. Je länger die Schenkung her ist, desto weniger wird angerechnet. Der Betrag, der von der Schenkung angerechnet wird, nimmt pro Jahr um zehn Prozent ab.
Fakten zum Pflichtteilsergänzungsanspruch
- Er gilt unter Umständen auch für Erben und betrifft Schenkungen, die der Verstorbene noch vor seinem Tod gemacht hat
- Er wird von den Erben gezahlt
- Bei Schenkungen im letzten Jahr vor dem Tod des Erblassers wird die gesamte Schenkung berücksichtigt
- Bei Schenkungen im zweiten Jahr vor dem Tod werden 90 Prozent der Schenkung, im dritten Jahr vor dem Tod werden 80 Prozent der Schenkung berücksichtigt. Diese Abzählung geht bis zum zehnten Jahr vor dem Tod, in dem nur noch zehn Prozent der Schenkung berücksichtigt werden.