Der Erblasser war 2022 ledig und ohne Abkömmlinge verstorben. Nach seinem Tod wurden zwei Schriftstücke aufgefunden:
Ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 1999, in dem seine Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt war. Dieses Schriftstück war jedoch nicht unterschrieben.
Ein weiteres Schreiben aus dem Jahr 2002, in dem der Erblasser u.a. bestätigt, dass die Beschwerdeführerin ihm ein Darlehen für Hausumbau gewährt hatte, und in dem er anordnet, dass diese Summe im Todesfall vom Nachlass abgezogen und ihr als Erbin zugutekommen soll, wurde dem Nachlassgericht vorgelegt. Dieses handschriftliche Schreiben hatte der Erblasser unterschrieben.
Die einzige in Betracht kommende gesetzliche Erbin beantragte für sich einen Erbschein, den das Nachlassgericht auch erteilen wollte. Die Lebensgefährtin legte gegen den Feststellungsbeschluss Beschwerde ein, mit der Begründung, dass sie alleinige Testamentserbin sei.
Das OLG München weist zunächst darauf hin, dass das Testament aus dem Jahr 1999 formunwirksam ist, da es nicht vom Erblasser unterschrieben wurde (§ 2247 Abs. 1 BGB). Die Selbstbezeichnung am Anfang genüge nicht als Unterschrift.
Eine wirksame letztwillige Verfügung sah das OLG jedoch in dem weiteren Schriftstück aus dem Jahr 2002. Es sei unerheblich, ob durch die Verbindung beider Schreiben nachträglich ein formwirksames Testament entstanden ist. Allein das Schreiben aus dem Jahr 2002 genüge als formwirksame Verfügung von Todes wegen, denn es war handschriftlich aufgesetzt und trug die eigenhändige Unterschrift des Erblassers.
Der Senat war auch überzeugt, dass der Erblasser bei der Abfassung des zweiten Schriftstücks mit Testierwillen gehandelt hat. Testierwille liege dann vor, wenn der Erblasser ernsthaft eine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung treffen will. Die Feststellung des Testierwillens erfolge dabei unter Berücksichtigung aller Umstände, auch außerhalb der Urkunde.
Im Schreiben von 2002 ordnet der Erblasser ausdrücklich an, dass die Beschwerdeführerin im Todesfall als Erbin begünstigt wird (wirtschaftliche Rechtsnachfolge). Die ausdrücklich gewollte Reduzierung der Steuerlast für die Lebensgefährtin sei nur möglich, wenn sie Erbin ist – dies spreche für eine Erbeinsetzung.
